Jana Schumacher – Rider on the Storm: Die Tücken einer Turbulenz, die sich zum Orkan auswächst, der unaufhaltsam Bestehendes hinwegfegt und auslöscht, ein Katastrophengebiet hinterlässt: vor ihm die Ruhe, nach ihm das Chaos. Im Auge des Sturms herrscht Windstille. Außerhalb des Nukleus wütet dieser unvermindert weiter. Die Hamburger Künstlerin Jana Schumacher (*1983) begibt sich in ihrer jüngsten Werkgruppe auf die Spur des Sturms als Wetterphänomen, das das Unabsehbare symbolisiert – eine Kraft, gegen die wir Ordnungsstrukturen und Sicherheitssysteme errichten, ohne dass wir das Ungewisse, das potenzielle Chaos, je ganz und gar zu zähmen vermögen. Der schwere »Super-Sturm«, der 1993 die Küstenregionen Kubas und Mexikos sowie die Ostküste der Vereinigten Staaten erfasste, ist Ausgangspunkt der Zeichnung Tracing patterns of a giant storm . Eine Karte der betroffenen Gebiete ist dem Blatt eingeprägt. Bunte Farben leuchten aus eingeritzter mehrschichtiger dunkler Fläche hervor, auf der mit einem Spirographen die Zentren des Sturms markiert sind. Mit dem »Jahrhundertsturm« geht indes auch der technische Durchbruch effektiver Wettervorhersagen einher, die rettende Schutzmaßnahmen im Vorwege möglich machen. How to tame clouds? : Als räumliche Bildfigur, die zugleich auf einen Zufluchtsort und die grundsätzliche Anfälligkeit unserer menschlichen Behausungen verweist, hat die Künstlerin eine Zeltskulptur, gerahmt von einer Fototapete mit Regen- und Sturmmotivik, ins Zentrum ihrer Ausstellung platziert. Das fragile, nicht betretbare Refugium besteht aus handgeschöpftem Papier, das selbst einem geringfügigen Unwetter wohl kaum würde standhalten können. Aus dem Inneren des zusammengenähten Gebildes, das ab und an von einem Blitz durchzuckt wird, dringt in Abständen das Geräusch von Donner hervor. Der Sturm befindet sich mittendrin im Gehäuse des Rückzugs, befindet sich mittendrin in uns selbst: Wir können ihm nicht entfliehen, so deutet die filigrane Struktur an, ebenso wenig wie dem Davongerissenwerden durch die Zeit, das Leben, dessen Endlichkeit und Unberechenbarkeit. Noch bevor der Betrachter, die Betrachterin in Jana Schumachers Auge des Sturms eintritt, das zwischen Stille und Aufruhr oszilliert, verweigert die Wandarbeit Blank Future Set den Blick in die Zukunft auf hellen papierenen Blättern, die sich im Luftzug sachte bewegen: Tarotkarten haben ihre Imprimatur darin hinterlassen. Doch sind lediglich die Durchdrucklinien der Karten sichtbar und deren Bezeichnungen als zarter Schriftzug auf weißem Grund. Das Schicksal zeigt sich hier, in den Worten der Künstlerin, als »unergründlich undfragil«: eine Tabula rasa vor oder nach den Stürmen des Daseins. Belinda Grace Gardner
Jana Schumacher – Rider on the Storm: Die Tücken einer Turbulenz, die sich zum Orkan auswächst, der unaufhaltsam Bestehendes hinwegfegt und auslöscht, ein Katastrophengebiet hinterlässt: vor ihm die Ruhe, nach ihm das Chaos. Im Auge des Sturms herrscht Windstille. Außerhalb des Nukleus wütet dieser unvermindert weiter. Die Hamburger Künstlerin Jana Schumacher (*1983) begibt sich in ihrer jüngsten Werkgruppe auf die Spur des Sturms als Wetterphänomen, das das Unabsehbare symbolisiert – eine Kraft, gegen die wir Ordnungsstrukturen und Sicherheitssysteme errichten, ohne dass wir das Ungewisse, das potenzielle Chaos, je ganz und gar zu zähmen vermögen. Der schwere »Super-Sturm«, der 1993 die Küstenregionen Kubas und Mexikos sowie die Ostküste der Vereinigten Staaten erfasste, ist Ausgangspunkt der Zeichnung Tracing patterns of a giant storm . Eine Karte der betroffenen Gebiete ist dem Blatt eingeprägt. Bunte Farben leuchten aus eingeritzter mehrschichtiger dunkler Fläche hervor, auf der mit einem Spirographen die Zentren des Sturms markiert sind. Mit dem »Jahrhundertsturm« geht indes auch der technische Durchbruch effektiver Wettervorhersagen einher, die rettende Schutzmaßnahmen im Vorwege möglich machen. How to tame clouds? : Als räumliche Bildfigur, die zugleich auf einen Zufluchtsort und die grundsätzliche Anfälligkeit unserer menschlichen Behausungen verweist, hat die Künstlerin eine Zeltskulptur, gerahmt von einer Fototapete mit Regen- und Sturmmotivik, ins Zentrum ihrer Ausstellung platziert. Das fragile, nicht betretbare Refugium besteht aus handgeschöpftem Papier, das selbst einem geringfügigen Unwetter wohl kaum würde standhalten können. Aus dem Inneren des zusammengenähten Gebildes, das ab und an von einem Blitz durchzuckt wird, dringt in Abständen das Geräusch von Donner hervor. Der Sturm befindet sich mittendrin im Gehäuse des Rückzugs, befindet sich mittendrin in uns selbst: Wir können ihm nicht entfliehen, so deutet die filigrane Struktur an, ebenso wenig wie dem Davongerissenwerden durch die Zeit, das Leben, dessen Endlichkeit und Unberechenbarkeit. Noch bevor der Betrachter, die Betrachterin in Jana Schumachers Auge des Sturms eintritt, das zwischen Stille und Aufruhr oszilliert, verweigert die Wandarbeit Blank Future Set den Blick in die Zukunft auf hellen papierenen Blättern, die sich im Luftzug sachte bewegen: Tarotkarten haben ihre Imprimatur darin hinterlassen. Doch sind lediglich die Durchdrucklinien der Karten sichtbar und deren Bezeichnungen als zarter Schriftzug auf weißem Grund. Das Schicksal zeigt sich hier, in den Worten der Künstlerin, als »unergründlich undfragil«: eine Tabula rasa vor oder nach den Stürmen des Daseins.
Belinda Grace Gardner
Webseite: www.janaschumacher.com