Marcel Tasler – London, Paris, New York – ach nee doch nicht: aggro, direkt, sexy

Weitab vom verordneten Kulturbetrieb kommentiert Marcel Tasler tagebuchartig und Erkenntnisstand bedingt, die von ihm wahrgenommenen Realitäten der Welt. Er weiß noch den Luxus zu genießen, sich mit selbst gesuchten Themenbereichen auseinanderzusetzen und schweift dabei mit Vorliebe in Erklärungsmodelle ab, welche heute gern mit dem Kampfbegriff Weltverschwörung abgetan werden. Der in Leipzig lebende Künstler gibt sich mal ganz dem tagesaktuellen Klischee hin: „halo isch gomme ausm osden – Nazi!“ Die reflexhafte Verwirrung, die bei diesem Thema aufkommt, bildet die Grundlage, die eigene Mündigkeit in Frage zu stellen und weiter mitzudenken.

Prepper, Prä-Astronauten, Mystiker, Esoteriker gehören zur vermeintlich favorisierten inhaltlichen Zielgruppe. Als Grundlage zu den allermeisten Arbeiten dient dabei das weltweite Netz! Es ist Ideengeber und Informationsgrundlage, noch(!) auch nur eine Welt für sich – steht für Austausch, Kommentare, Meinungen und Gegenmeinungen – ein virtueller Raum voller Daten. Aber die Grundfesten unserer Moral und unseres Wertesystems bröckeln hier und da: keine Wahrheit, kein Richtig, kein Falsch. Ein angenehmes zu Hause für Ironiker.

Aus all diesen Informationen werden nahezu endlose und fantastische Erklärungsmöglichkeiten für das Jetzt möglich. Diese nutzt Marcel Tasler und kombiniert, persifliert, sortiert immer wieder auftauchende essentielle Themen: Wo kommen wir her, wo gehen wir hin und was machen wir hier? Um die Ecke denkend und hin und wieder leicht zynisch werden Klischees ausgelotet und Fragen gestellt, aber grundsätzlich auch zu vermitteln versucht. Ohne wirklich eine Agenda zu vertreten, wird der neu entstehende Freiraum genutzt, um nicht nur in verordneten Systemen agieren zu müssen. Das Spiel mit Images, Marken und inszenierten Identitäten und die Kommunikation durch Zeichen und Symbole ist künstlerische Taktik. Eine Anpassungsübung in einer Kultur, in der es viel Wachsamkeit braucht, um sein kritisches Selbstverständnis am Laufen zu halten.

Tasler, Weltraumhafen, 2015